SKANDALKONZERN Lobbyfirma soll ueberhoehte Honorare an Politiker gezahlt haben - Telekom unter Druck Von Juergen Dahlkamp und Frank Dohmen Ein brisantes Dokument aus der Ermittlungsakte der Bonner Staatsanwaltschaft bringt die Telekom in Bedraengnis. Eine Beratungsfirma, die Zahlungen von dem Konzern erhielt, soll ueber Jahre ueberhoehte Honorare an Politiker ueberwiesen haben. Hamburg - Die Adressaten waren bewusst gewaehlt: Insgesamt rund 55 Millionen Euro soll die Deutsche Telekom an eine Medienberatungsfirma und ein Internet-Politikportal gezahlt haben. So steht es in einem Papier eines ehemaligen Sicherheitsmannes der Telekom, das die Staatsanwaltschaft Bonn bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt hat. Die Muenchner Beratungsfirma Eutop habe Politiker mit lukrativen Honoraren fuer Vortraege gekoedert. Damit sei offenbar die Erwartung verbunden gewesen, dass die Politiker sich bei anderen Gelegenheiten fuer das Unternehmen einsetzten. In dem Schreiben heisst es, Eutop und sein Geschaeftsfuehrer wollten junge Politiker fruehzeitig an sich binden, indem sie ihnen Vortraege beschafften und dafuer ueberhoehte Honorare zahlten, "in der Hoffnung, sich diese Personen auf Dauer zu verpflichten und so spaeter politisch Einfluss nehmen zu koennen". Als einen der angeblichen "Eleven" nennt das Papier einen frueheren Bundesminister, der "in der Oeffentlichkeit immer wieder eine deutliche Pro-Telekom-Haltung" eingenommen habe. "Reine Kickback-Geschaefte"? Weiter fuehrt das Memorandum aus, das inzwischen umbenannte Berliner Internet-Portal Politikerscreen habe von der Telekom-Sparte T-Online Auftraege erhalten, unter anderem fuer Marketing-Analysen. Im Gegenzug habe die Firma aber Werbeflaechen von T-Online gemietet, die sich ansonsten schlecht oder gar nicht haetten vermarkten lassen. Es sei davon auszugehen, dass es sich um "reine Kickback-Geschaefte" handelte, um einen nicht vorhandenen Umsatz" vorzuspiegeln, heisst es. Ziel dieser Operation sei mutmasslich gewesen, den "Marktwert/Aktienkurs" von T-Online mit offenbar nur virtuellen Werbeerloesen "zu steigern". Unterm Strich seien rund zwei Millionen Euro als Saldo fuer Politikerscreen uebrig geblieben. Nur diese Summe habe wohl dem Wert der Leistungen entsprochen, die Politikerscreen tatsaechlich erbracht habe, unter anderem mit den Marketing-Analysen. Klemens Joos, Geschaeftsfuehrer von Eutop und frueherer Aufsichtsratschef von Politikerscreen, wollte sich auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE nicht dazu aeussern, ob eine der beiden Firmen eine Geschaeftsbeziehung zur Telekom unterhielt. Auch die damit verbundenen Vorwuerfe wollte er nicht kommentieren. Joos gilt als politischer Lobbyist mit Naehe zu Union und FDP; unter anderem vermittelte seine Firma Speaker Agency den FDP-Chef Guido Westerwelle in den Jahren 2006 und 2007 als Redner, was Westerwelle der Bundestagsverwaltung wegen des dafuer gezahlten Rednerhonorors auch gemeldet hat. Der fruehere Vorstand von Politikerscreen, Christoph Paloubis, teilte auf Anfrage mit, die Mutmassungen aus dem Papier traefen nicht zu. Die Telekom erklaerte: "Wir koennen uns zu den Akten der Staatsanwaltschaft nicht aeussern, da sie uns nicht vorliegen." Die Aufwendungen fuer politische Beratung haetten in den Jahren 2007 und 2008 jeweils deutlich unter einer Million Euro betragen. Zumwinkel und Ricke wussten fruehzeitig Bescheid Bereits am Wochenende hatte der SPIEGEL berichtet, dass der fruehere Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel und Ex-Chef Kai-Uwe Ricke offenbar schon frueher als bisher bekannt ueber die Bespitzelung von Journalisten und Aufsichtsraeten informiert waren. Ricke liess dazu am Wochenende erklaeren, dass er nie von illegalen Praktiken gewusst habe. Staatsanwaltschaft und Telekom kommentierten die Berichte nicht. Brisant fuer die beiden ist dabei die Zeugenaussage des Duesseldorfer Rechtsanwalts Michael Hoffmann-Becking. Der Staranwalt hatte die Telekom 2005 juristisch beraten. Damals wollten Zumwinkel und Ricke das Aufsichtsratsmitglied Wilhelm Wegner ueberfuehren, der ihrer Ansicht nach die Presse mit Informationen aus dem Aufsichtsrat versorgte. Weder Zumwinkel noch Ricke, heisst es in der Vernehmung des Anwalts, haetten irgendein Unrechtsbewusstsein ueber die Erhebung der Telefonverbindungsdaten gezeigt. Im Gegenteil: Es sei sogar erwogen worden, den Konzernbetriebsrat mit den gespeicherten Nummern unter Druck zu setzen. Quelle: [http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,625810,00.html]